Wirtschaftlichkeitsberechnungen für innovatives Landnutzungskonzept

Forschungsprojekt bringt Artenvielfalt, nachhaltige Energiegewinnung und effiziente Landwirtschaft unter einen Hut

Nicht gegeneinander, sondern miteinander. Das Forschungsprojekt BiWiBi* adressiert eine Vielzahl aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen synergetisch. Flächen für Insekten, die Wild- und Nutzpflanzen bestäuben, nehmen stetig ab und das Artensterben zu. Energie- und Nahrungsmittelerzeugung stehen scheinbar in Konkurrenz zueinander. Für den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien ist eine Steigerung der Markttauglichkeit nötig. Für diese drei Probleme ist eine Lösung denkbar. Eine neue Art der Flächennutzung durch die energetische Bewirtschaftung von sogenannten Blühstreifen – ein durch Saatgut bunt blühender Streifen Land, meist am Rande von landwirtschaftlichen Flächen – soll Abhilfe schaffen.

»Wir untersuchen inter- und transdisziplinär den kombinierten Einsatz von Solarzellen, Wind- und Bioenergie auf Blühstreifen bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung der Ackerflächen. Das Ziel ist ein innovatives, multifunktionales Landnutzungskonzept,« erklärt Prof. Dr. Jens Schneider von der Außenstelle des Fraunhofer IMW in Halle (Saale), dem Center for Economics of Materials.

Ziel des einjährigen, öffentlich geförderten Projekts ist zunächst die Analyse der Machbarkeit. Dafür bündelt das Projektteam Kompetenzen aus ganz unterschiedlichen Fachdisziplinen. Schneider und das Team vom Fraunhofer IMW erforschen die Wirtschaftlichkeit, mögliche Geschäftsmodelle und juristische Rahmenbedingungen. Das Deutsche Biomasseforschungszentrum DBFZ evaluiert die landwirtschaftliche Nutzung, die Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt analysiert die ökologischen Aspekte und das Helmholtz-Zentrum Umweltforschung UFZ untersucht die Akzeptanz des BiWiBi-Konzepts. Das Unternehmen Next2Sun und die Terrawatt Planungsgesellschaftunterstützen das Projekt als assoziierte Partner mit ihrer Expertise für Solar- und Windkraftanlagen. Das Lausitzer Gut Krauscha berät das Projekt mit praktischem Knowhow aus der ökologischen Landwirtschaft.

Wo derart viel Expertise zusammenkommt, bewegt sich etwas. Bereits jetzt lässt sich eine erfolgreiche Zwischenbilanz für das Forschungsprojekt BiWiBi ziehen: Ein Modell für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen von bifacialen* Solarmodulen, Wind und Biomasse in Direktvermarktung wird erstellt. Verschiedene Gestaltungsoptionen für integrative Landnutzungskonzepte werden entwickelt und in einem eigens gegründeten Wissensnetzwerk (LivingLab) bewertet. Die Erwartungen der Landwirtschaft zu den ökologischen Effekten der Landnutzungskonzepte werden ebenfalls erfasst. Herausforderungen durch den Klimawandel wie Trockenheit und Winderosion könnten durch den morgendlichen Schattenwurf und Windschutz der Solarmodule gemildert und die Taubildung auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen verlängert werden. Verschiedene Faktoren der Akzeptanz von erneuerbaren Energien auf Blühstreifen werden ebenfalls ermittelt. 

Darüber hinaus wurden weitere Anknüpfungspunkte offenbar, das multifunktionale Flächennutzungskonzept nachhaltig zu erweitern. Die Solarmodule sollen beispielsweise in einem iterativen Entwicklungsprozess durch die Lead-User-Methode entwickelt werden. Dabei fließt das Feedback von Nutzern, deren Kaufbereitschaft und Bedürfnisse als repräsentativ für den Markt gedeutet werden können, kontinuierlich in den Entwicklungsprozess ein.

 

*Nachhaltige Kombination von bifacialen Solarmodulen, Windenergie und Biomasse bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Flächennutzung und Steigerung der Artenvielfalt

*Bifaciale, also »zweigesichtige« Solarzellen können Licht auf der Vorder- und Rückseite aufnehmen und in Strom umwandeln.

Konzept - Nachhaltige Kombination von bifacialen Solarmodulen, Windenergie und Biomasse bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Flächennutzung und Steigerung der Artenvielfalt, BiWiBi - mit senkrechten, bifacialen Solaranlagen in Kombination mit Windkraftanlagen auf Ackerflächen mit Blühstreifen.