»Daten sind das neue Öl«
»Daten sind das neue Öl«: Laut Dr. Sebastian Haugk, Teamleiter Konzept- und Methodenentwicklung im Projekt Data Mining und Wertschöpfung, war diese Analogie im Jahr 2018 noch populär. Seitdem sind fünf Jahre vergangen und das Verständnis von Daten hat sich gewandelt. Heute müsste ein neuer Ansatz gewählt werden, um die Verbindung von Daten und Wertschöpfung zu charakterisieren. Denn Daten gleichen vielmehr Erneuerbaren Energien: Sie können unendlich oft neue Wertschöpfung liefern – wenn sie richtig angewendet werden. Darauf zahlt das Forschungsprojekt Data Mining und Wertschöpfung ein. Anhand der drei Fragen »Wie können wir die Wertschöpfung mit Daten für Unternehmen besser gestaltbar machen? Wie können wir den Wert von Daten verstehbar machen? Mit welchen Methoden können Unternehmen den Wert von Daten transparent machen?« wurde am »Tag der digitalen Wertschöpfung« ein Überblick über die bisherigen Ergebnisse des Projekts gegeben.
Wie können wir die Wertschöpfung mit Daten für Unternehmen besser gestaltbar machen?
Da diese Fragestellung oftmals sehr komplex ist, weist eine Vielzahl an Unternehmen keine Datenstrategie auf. Aus diesem Grund analysierte und bearbeitete das Projektteam der Einheit Data Mining und Wertschöpfung rund 200 Anwendungsfälle von Unternehmen, führte verschiedene Studien und Workshops durch und konnte so 55 grundlegende Muster identifizieren, die für das Verständnis datenbasierter Wertschöpfung als neues Geschäftsparadigma von zentraler Bedeutung sind. Diese Muster können Unternehmen dabei helfen, datenbasierte Wertschöpfung in die Anwendung zu bringen und die Kernfragen datenbasierter Wertschöpfung zu beantworten. Dieses Wissen wird durch den sogenannten »Data Value Navigator« weitergegeben.
Für den »Data Value Navigator« wurden sechs Fragestellungen definiert, die es zu bearbeiten gilt:
- Was ist das »Warum« bzw. das strategische Ziel? (z. B. Verbesserung der Kosteneffizienz, Verbesserung des Kundschaftserlebnisses, Treffen von besseren Entscheidungen)
- Welche Werttreiber kann ich nutzbar machen?
- Welche Use Cases kann ich verfügbar machen?
- Was sind die gängigen Methoden zur Datenanalyse?
- Wie kann die Datennutzung mit betriebswirtschaftlichen Erfordernissen in Einklang gebracht werden?
- Wie kann datengestütztes Asset Management gefördert werden?
Der »Data Value Navigator« bietet Einblicke in die wichtigsten Handlungsfelder für datenbasierte Wertschöpfung und vereint die Perspektiven der Informatik und der Wirtschaftswissenschaften – ein grundlegendes Merkmal des Projekts Data Mining und Wertschöpfung.
Kompaktwissen Künstliche Intelligenz (KI)
Ein weiteres Tool, um die Wertschöpfung mit Daten verstehbar zu machen ist das Kompaktwissen Künstliche Intelligenz (KI). Das von dem Team von Data Mining und Wertschöpfung entwickelte Instrument führt Unternehmen durch die Bandbreite der Künstlichen Intelligenz. Auf 150 Karten werden Meilensteine, Grundbegriffe, Methoden, Anwendungen und wissenswerte Fakten dargestellt, um das weitläufige Themengebiet der Künstlichen Intelligenz für Unternehmen verständlich darzustellen und die Bandbreite an Handlungsfeldern aufzuzeigen.
Wie können wir den Wert von Daten verstehbar machen?
Der Marktwert von Unternehmen setzt sich heute weniger aus bilanzierbaren physischen Vermögenswerten zusammen, sondern vielmehr durch sogenannte »intangible« Werte,
wie beispielsweise Daten. Dabei haben Daten als intangible Assets spezifische Eigenschaften: Erstens werden diese durch deren Verwendung nicht aufgebraucht, vielmehr werden sie wertvoller, da bei der Nutzung noch weitere Daten generiert werden. Zweitens erlangen diese an Wert, wenn sie mit anderen Daten kombiniert werden. Zuletzt sind sie leicht zu teilen, zu kopieren, zu kombinieren und zu nutzen. Diese Komplexität kann zu der Schwierigkeit führen, alle Verwertungsmöglichkeiten zu identifizieren. Dies ist wahrscheinlich der Grund dafür, wieso lediglich maximal ein Drittel der Unternehmen ihre Daten nach den gleichen Standards verwalten wie andere Vermögenswerte.
Daten werden missverstanden und daher “mismanaged“
Obwohl die meisten Unternehmen die große Bedeutung von Daten erkennen, liegen laut einer unabhängigen Studie meist nicht die richtigen Daten vor, um diese adäquat zu nutzen (Quelle: PwC, 2022, Global Annual Survey). Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Wertschöpfung mit Daten oftmals nicht ganzheitlich betrachtet wird und Daten als technologisches Problem gesehen werden. Dies bedeutet, dass der größte Teil des Geldes in Storage und Analyse von Daten fließt, nicht jedoch in die Aufbereitung oder Monetarisierung dieser.
Mit welchen Methoden können Unternehmen den Wert von Daten transparent machen?
Es gibt eine Vielzahl an Werttreibern von Daten. Dazu hat die digitale Projekteinheit Data Mining und Wertschöpfung des Fraunhofer IMW Studien zusammengetragen und fünf Cluster von Faktoren identifiziert, die für die Bewertung von Daten miteinbezogen werden:
- Intrinsisch/Technische Faktoren
- Transaktionelle Faktoren
- Wirtschaftliche Faktoren
- Risiko
- Markt
Bezüglich der Methoden, die für die Messung von Daten verwendet werden können, lassen sich drei Cluster nennen: Erstens kann der Cashflow durch die Daten quantifiziert werden (nutzenbasierte Bewertung) (z. B. zusätzlicher Umsatz oder eingesparte Kosten). Eine weitere Variante ist, dass der Wert der Daten aus einem aktiven Markt oder aus ähnlichen Transaktionen hergeleitet werden kann (marktbasierte Bewertung). Außerdem kann der Wert der Daten bemessen werden, der für die Reproduktion der Daten anfallen, bzw. für den Ersatz aufgewendet würde (kostenbasierte Bewertung).
Dies sind die klassischen Methoden – allerdings reichen diese nicht dazu aus, den Anspruch datenbasierter Wertschöpfung ganzheitlich zu verstehen und diesem wiederum annähernd gerecht zu werden.
Eine ganzheitliche Methode hingegen ist die sogenannte Stakeholder-Methode. Dazu werden vom Unternehmenswert zunächst alle physischen Werte abgezogen. In einem zweiten Schritt werden die Stakeholder des Unternehmens identifiziert. Sodann wird analysiert,
welche Aktivitäten Werte für diese Stakeholder generieren und welche Daten für eben diese Aktivitäten benötigt werden.
Der Wert von persönlichen Daten hat sich seit dem Jahr 2013 ungefähr verfünffacht und ist damit im Vergleich zu anderen Marktwerten überproportional gestiegen. Das Forschungsteam des Projekts Data Mining und Wertschöpfung hat sich dem Thema angenommen und den »Data Value Index« (kurz: DAVIE) entwickelt. Er gibt eine erste Orientierung über die Entwicklung des Werts von Daten. Zur Berechnung werden verschiedene Subkategorien, für die Indizes anhand der Umsätze pro Nutzenden berechnet werden, herangezogen. Der »DAVIE« kann für einzelne Segmente unternehmerischen Handelns bestimmt werden oder aggregiert über alle ausgewählten Segmente.
Die Forschungsergebnisse aus dem Projekt Data Mining und Wertschöpfung werden vom Fraunhofer IMW in die angewandte Forschung getragen. Außerdem wird an den bisherigen Erkenntnissen weitergeforscht, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit sächsischer Unternehmen weiterhin zu gewährleisten und zu steigern. Denn als »Erneuerbare in der digitalen Wertschöpfungskette« sind Daten wesentlich, um den vielfältigen Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.